Gruss aus der Ferne 2018/1
Liber Aikidokas,
Tammo Trantow war lange Jahre in Basel, und einer der aktivsten und treusten in unserem Dojo. Er hat insbesondere Jugendunterricht am Freitag nachmittag gegeben. Er ist vor paar Jahre aus familiären Gründen nach Graz übersiedelt. Dort hat er eine erfolgreiche Aikidoschule gegründet. Er hat einen Text über Michele geschrieben und mir erlaubt, ihn hier zu publizieren.
In den letzten Jahren habe ich viele Spitzenlehrer in Kampfkünste getroffen. Es ist wunderbar zu sehen, auf wie viel Wissen man trifft.
“In dieser Mitteilung möchte ich etwas über meinen ersten Lehrer, Michele Quaranta, sagen.
Michele ist einer der wenigen Lehrer In Europa, der sich ganz dem Aikidounterricht widmet. Das widerspiegelt sich in seinem dynamischen, wirkungsvollen Stil und seiner äusserst didaktischen Unterrichtsmethode. Er ist ein charismatischer Man, der die seltene Begabung besitzt, andere durch Aikido zu motivieren, ihre Gewohnheiten in einer besinnlichen und direkte art zu beobachten. Seine technischen und pädagogischen Kunstfertigkeiten sind Zeugen seines einmaligen Könnens.
Michele ist irgendwie eine Verkörperung von in/yo oder yin/yang. Als erstes spürt man in seiner Technik 2 opponierte Spiralen, die einen in die Leere führt – jedesmal. Auf den Tatamis setzt er sich vehement für Ehrlichkeit in Aikido ein. Er verpasst keinen Moment, auf Bullshit hinzuweisen. Zwei Stunden später, weit von den Tatamis, trifft man ihn als guter und loyaler Freund, der einfach ein wenig weiter auf dem Weg ist, als sein Student. Er ist auch in allem, was man von einem Italiener erwartet: warmherzig, freundlich, gesprächig, immer bereit für gutes Essen, und auch manchmal gereizt.
In seiner Art, die Prinzipien von Facebook zu verachten, oder nicht zu viel Ego auf den Tatamis zu dulden, ist Sensei Quaranta sehr altmodisch – man hat zu folgen. Er verspürt deine Limiten, und hilft dir, drüber zu kommen. Das ist nicht immer so raffiniert, wie es scheint. Ein Ukemi, den er verursacht, verspürt man immer wie eine dringliche Notwendigkeit. Bewegst Du Dich nicht korrekt, wirst Du am Boden zerschmettert. Tust Du es, ist es wie auf einer grossen Welle zu surfen: ein überwältigenden und gleichsam gefährliches Ereignis (Auch wenn er normalenweise diese Analogie für die Tori-Arbeit benutzt, habe ich kürzlich gemerkt, dass das auch für Uke stimmt).
Ein besonnener Man hat mir kürzlich gesagt: Ein Lehrer ist wie eine Kerze. Hast Du die richtige Distanz zu ihr, so gibt sie Dir Licht und Wärme. Bist Du zu weit entfernt, siehst Du nicht klar und es ist Kälter. Bist Du zu nahe, verbrennst Du dich.
Jedem, den es interessiert, “Aiki in action” zu beobachten, empfehle ich sehr eines seiner zahlreichen Seminare überall in Europa zu besuchen.
Tammo Trantow”
Michele wird im Juni eine Stage in Tammo’s Dojo in Graz geben. Es wäre schön wenn einige von uns dorthin reissen können. Graz ist nicht nur für Aikido interessant. Auch kulturell eine Reise wert
10.01.2018
Michel Uhlmann
2018:
Ne te repose pas sur le lit de Procuste
Do no sleep on the bed of Procrustes
Ruhe nicht in Prokrustes Bett